1938 geboren in Straßburg-Neudorf, geht mit 14 Jahren bei seinem Vater in die Lehre als Bildhauer
1953-59 Studium an der Écoles d’Arts Décoratifs in Straßburg und später in Paris. Im Lauf von vier Jahren erstes Diplom sowie Erhalt des großen Preises der Stadt Straßburg
1959-62 Armeefotograf in Algerien
1961 erste Fotoreportage über Ausgrabungsstätten aus der Römerzeit in Algerien
1962 Rückkehr in die väterliche Werkstatt und Arbeit als Dekorateur
ab 1970 Beschäftigung mit Plastiken
1970 Reise in den Norden von Tunesien, archäologische Forschungen in Tabarka seit
1971 ntersuchungen über Kunst in der Archäologie und das Gedächtnis
1972 Reise nach Ephesos, Aphrodisias, Milet, Hierapolis (Türkei) und nach Marokko; „Fossiles de notre temps“
1973 entdeckt der unermüdlicher Sammler von Gebrauchsgegenständen und Familienfotos in Straßburg das Porträt und Manuskript der Schneidergesellin Lydia Jacob (geboren 1876), die in Straßburg lebte. Von da an wird sie zur Konstante in seinem vielseitigen Werk und tritt immer wieder als Muse in Erscheinung; Untersuchungen über das Gedächtnis sowie eine „Archäologie der Zukunft“, die sich aus seinem Faible für Archäologie entwickelt hat. Dazu fügt er zusammen, bemalt und konserviert und dokumentiert er, das was wie Welt und Umwelt zu verschiedenen Zeiten zu bieten haben und begreift diese Tätigkeit als Erinnerung oder visionärer Blick in die Zukunft.
1978 war er bereits auf der Biennale in Venedig vertreten; danach folgen Ausstellungen von Paris bis New York und Tokio.
Waydelichs Objekte, Bilder, Collagen und Installationen, meist Mixed-Media-Werke, werden weltweit in namhaften Galerien und auf großen Kunstmessen ausgestellt. Der Künstler ist mit unzähligen Auszeichnungen und vielen Katalogen dekoriert. Seine Arbeiten befinden sich in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen wie z.B.: Musée d’Art Moderne (Straßburg), Fond National d’Art Contemporain (Paris), Augustiner-Museum (Freiburg i.B.), Regierungspräsidium Südbaden, (Freiburg i.B), Galleria degli Uffizi (Florenz).
Raymond Waydelich wurde 1938 in Straßburg als Sohn des Kunsthandwerkers (Ebenist) Marcel Waydelich und seiner Frau Frieda Schneider geboren. Als Vierzehnjähriger erhielt er eine erste Bildhauerausbildung in der Werkstatt seines Vaters, durfte aber schon ein Jahr später auf Empfehlung seines Lehrers Louis Fritsch die Académie des Arts decoratifs in Straßburg besuchen. Nach vier Jahren schloss er das Studium mit einem Diplom ab und wurde mit dem Großen Preis der Stadt Straßburg ausgezeichnet. Ein zweites Studium an der Arts Déco in Paris beendete er nach zwei Jahren, ebenfalls mit Diplom.
1959 wurde er als Wehrpflichtiger eingezogen und im Algerienkrieg für 18 Monate als Armeefotograf eingesetzt. 1961 machte er seine erste Fotoreportage über römische Fundstätten in Algerien. 1962 kehrte er nach Straßburg zurück und arbeitete dort zunächst als Dekorateur. In den frühen 1970er Jahren reiste er in den Maghreb, besuchte dort die archäologischen Fundstätten in Tabarka, nach Griechenland und in die Türkei, wo er Ephesos, Aphrodisias, Milet und Hierapolis aufsuchte. Zurück in Straßburg, stöberte er auf Flohmärkten nach allerlei Alltagsgegenständen, die als objets trouvés in seine Assemblagen integriert wurden, die er später als „Archäologie der Zukunft“ bezeichnete.
Auf einem Dachboden entdeckte er Aufzeichnungen der Straßburger Näherin Lydia Jacob (* 1876), die als imaginierte Person und Muse sein künstlerisches Werk begleiten und prägen sollte. Er erfand für sie einen Lebenslauf und begann die künstlerische Auseinandersetzung mit seiner Muse mit dem Lydia Jacob-Zyklus (ab 1973). 1978 wurde im französischen Pavillon der Biennale von Venedig seine Arbeit „L’Homme de Frédehof, 2720 après J.C.“, gezeigt, die er Lydia Jacob widmete. 1986 präsentierte das Musée des Beaux-Arts in Mülhausen die „Lydia Jacob Story“ und im gleichen Jahr veranstaltete das Centre National des Arts Plastiques unter dem Titel Rencontre avec Lydia Jacob ein fingierte „Rekonstruktion“ ihres Lebens mit Hilfe von Alltagsgegenständen aus ihrer Lebenszeit, die er bei seinen Sammelaktionen gefunden hatte. Diese Rekonstruktion einer historischen Person und ihres realen Alltags führte ihn zu der Idee, „… auch die eigene Zeit, ja sogar eine noch nicht ahnbare Zukunft aus der Perspektive einer rückblickenden Rekonstruktion zu betrachten.“[1] Mit seiner Arbeit Caveau pour le Futur, 3790 après Jésu Christe war Waydelich dann auf der 10. Documenta in Kassel vertreten, als erster Elsässer seit Hans Arp, wie Waydelich in einer autobiografischen Skizze schreibt.[2]
Werk
Waydelich: Autoschrott-Archäologie, Tiefgarage am Augustinerplatz in Freiburg
Waydelichs umfangreiches Werk umfasst Gemälde, Plastiken und Skulpturen aus Keramik oder Bronze, Assemblagen, Papierarbeiten sowie öffentliche Kunstaktionen und Performances. Die künstlerischen Techniken seiner farbenfrohen, verspielten, witzig-skurrilen Grafiken reichen von der Zeichnung, dem Aquarell, der Lithographie, der Radierung, der Monotypie bis zu Übermalungen vorgefundener Papierobjekte.
Er gehört zu den bekanntesten lebenden Künstlern Frankreichs. Seine Werke befinden sich weltweit in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen. Besonders berühmt sind seine aquarellierten Kollagen geworden, die realexistierende Lebewesen (Krokodil, Katze, Schwein) geisterhaft verfremdet innerhalb von Landschaften zeigen, welche der Künstler auf antike Briefen gemalt hat, die er zum Teil auf Reisen (z. B. nach Kreta) erworben hat. Sein Stil, der vielfach Perspektiven, Motive und Elemente prähistorischer Höhlenmalereien oder der griechischen Mythologie aufgreift, nähert sich dem fantastischen Realismus. Darstellungen von Fabelwesen, aber auch Ikonen der Moderne, wie beispielsweise John Wayne dienen der Illustration einer „Mythologie der Moderne“, welche aus Sicht des Künstlers letztlich einer „Archäologie der Zukunft“ vorgreifen soll. Zentralgestalt dieses Ansatzes ist die Straßburger Modistin Lydia Jacob, deren Aufzeichnungen er durch Zufall entdeckte, und um die ab diesem Zeitpunkt sein künstlerisches Œuvre kreist. Er erfand einen Lebenslauf für eine Frau, die zu seiner imaginären Muse und fiktiven Koautorin wird.
Waydelich unterzeichnet gelegentlich mit R.E. Waydelich, Marchand de Bonheur et Archéologue du Futur.[3]
Werke und Projekte (Auswahl)
1961 Fotoreportage über die römischen Ausgrabungsstätten in Algerien.
L´Homme de Frédehof, Biennale von Venedig
1995 Mutarotnegra – 3790 Jahre n. Chr, Ausgrabungsprojekt am Straßburger Münster.[4]
Raymond Waydelich, Mutarotnegra : 3790 après Jésus-Christ. Ouvrage réalisé à l’occasion de l’exposition de Raymond E. Waydelich „Mutarotnegra. 3790 après Jésus-Christ“, inaugurée Musée Archéologique de Strasbourg. Mit Pierre Pflimlin; Tomi Ungerer; Claude Rossignol; Bernadette Schnitzler; Germain Muller. Strasbourg La Nuée Bleue 1995, ISBN 2-7165-0325-7.
1997 Memoria -3790 nach Christus. Aktion auf der Documenta X in Kassel
Lydia Jacob Story. 55 Mischtechnik-Collagen. Kartenserie.
Ausstellungen (Auswahl)
1976 Osthaus Museum Hagen, Hagen
1978 Biennale di Venezia, Französischer Pavilion, Venedig
1979 Forum Kunst Rottweil, Rottweil
1981 „3500 nach Christus“, Musée Archéologique, Straßburg
1985 Muséo de Arte Moderno Emilio Caraffa, Cordoba, Argentinien
1986 Musée des Beaux Arts, Mülhausen
1986 Centre National d´Arts Plastiques, Paris
1988 Kunsthalle Lund, Schweden
1990 Galerie in der Stadthalle, Kehl
1997 Museum für Sepulkralkultur, Kassel,
1998 Centre d´Art Contemporain André Malraux, Colmar
1998 Kunstverein Offenburg
1999 Centre Européen d´Action Artistique Contemporaine, Straßburg
1999 Kunstverein Esslingen, Villa Merkel