Martin Disler, 1949 in Seewen/CH geboren, war Zeichner, Maler, Bildhauer, Dichter, Autodidakt. Er lebte als ruheloser Reisender in Zürich, Amsterdam, Lugano, Samedan, Mailand und zuletzt in Les Planchettes im Schweizer Jura. Im Alter von nur 47 Jahren ist Martin Disler an den Folgen eines Hirnschlags gestorben.
Erste internationale Aufmerksamkeit erreichte Disler mit seiner Ausstellung «Invasion durch eine falsche Sprache» in der Kunsthalle Basel 1980. Die folgenden Jahre beschieden ihm eine rasant wachsende Anerkennung mit Einzelausstellungen unter anderem in den oben genannten Institutionen sowie im ARC Paris und dem Museu de Arte Moderna Sao Paolo. Im Jahr 2007 wird die Einzelausstellung Von der Liebe und anderen Dämonen. Martin Disler: Werke 1979–1996 im Aargauer Kunsthaus Aarau gezeigt und im selben Jahr erscheint die grosse Monografie Martin Disler 1949–1996, herausgegeben von Franz Müller.
Die frühe Malerei Dislers besteht aus grossformatigen Leinwänden mit zügig aufgetragener Acrylfarbe und klar erkennbaren Motiven, die in ihrer freien Kombination überraschen. Kräftige Farben und ausgedehnte Flächen dominieren in dieser Zeit Dislers Bilder. Die Gemälde bestechen durch eine kraftvolle Unmittelbarkeit, die durch die Lapidarität der Motive und Malweise noch gesteigert wird.
Die späteren Bilder Dislers werden malerisch anspruchsvoller und lassen dabei immer weniger figurative Motive erkennen, auch wenn Disler die Figuration nie ganz aufgeben wird. Ihre ausserordentliche Dynamik und Wucht verdanken sie, neben ihrer Grösse, auch dem Malprozess Dislers, der die Farbe mit Pinsel, Händen und Fingern auftrug, um sie dann mit dem Messer wieder abzunehmen, vergleichbar der Arbeit an einer Plastik. Disler ertastete und formte seine Bilder ganz körperlich, in einem Prozess kontinuierlicher Verdichtung.
Anfang der 1980er-Jahre wandte sich Disler auch der Druckgrafik zu, bei der er ebenfalls mit extrem grossen Formaten arbeitete. Er beschäftigte sich intensiv mit den verschiedenen Techniken und den Herausforderungen des druckgrafischen Prozesses. Seit Mitte der 1980er-Jahre entstand zusätzlich zu Malerei und Grafik ein umfangreiches dreidimensionales Werk. Die Skulpturen bedeuteten für Disler eine konsequente Fortführung seiner Mal-, Zeichen- und Druckprozesse.
Die Terrakotta-Skulpturen zeigen eine Reihe von flachen Hängemasken oder Totenschädeln neben vollplastischen Objekten mit mehreren Köpfen. Sie erinnern sowohl an menschliche wie an tierische Köpfe, die ineinander verschlungen aus demselben Grund wachsen. Starke Aushöhlungen lassen an Blumenkübel denken.
Das Schreiben ist für Martin Disler von grosser Bedeutung, mehrere Romane und Erzählungen bleiben unveröffentlicht, weil sie seiner eigenen Kritik nicht standhalten. Schreiben wird in den letzten fünf Jahren seines Lebens zu einer zentralen Beschäftigung. Über ein Dutzend Künstlerbücher versieht er mit Texten. Im Roman «Bilder vom Maler» wird seine ausserordentliche Sprachkraft deutlich, die von nun an das bildnerische Schaffen regelmässig und mit einer schmerzenden Eindringlichkeit begleitet. Darin schildert Martin Disler die künstlerische Existenz in einer Sprache, die Verausgabung und Exzess spiegelt.
1949
geboren in Seewen (im Kanton Solothurn)
1961-68
Besuch des humanistischen Gymnasiums (Verweis wegen wiederholter nächtlicher Abwesenheit)
1969
erstes Atelier in Solothurn
Hilfspfleger in der Kantonalen Psychiatrischen Klinik
1971
Beginn seiner Ausstellungstätigkeit
1973-75
Studienaufenthalte in Paris und Bologna, Reisen nach Italien
1976-77
Studienreise in die USA
seit 1981
Ateliers in Paris, New York, Lugano und Harlingen (NL)
diverse Reisen durch Europa und die USA
Entstehung des Panorama-Bildes „Die Umgebung der Liebe“ in vier Nächten im Württembergischen Kunstverein Stuttgart
1985
Bremer Kunstpreis
1987
Preis für junge Schweizer Kunst der Zürcher Kunstgesellschaft
1988
Übersiedlung nach Les Planchettes (Schweizer Jura)
Am 27. August 1996 stirbt Martin Disler infolge einer Hirnblutung in Genf
Ausstellungen (Auswahl)
1980
Kunsthalle Basel (Einzelausstellung)
1982
Teilnahme an der documenta 7 in Kassel
1983
Stedelijek Museum Amsterdam (Einzelausstellung)
Museum für Gegenwartskunst Hamburg (Einzelausstellung)
1991
„Museum of Desire. Druckgraphik aus den Jahren 1990 und 1991“,Albertina Wien
Wanderausstellung „Häutung und Tanz“, Whitechapel Art Gallery in London (dann in Basel, München, Duisburg und Bellinzona)
1992
Museum für Gegenwartskunst in Basel (Einzelausstellung)
1995
„Skulpturen 1985-95“, Kunsthalle in Emden
2005
„Das Spiel gilt“, Galerie Marie-José van de Loo (Einzelausstellung)
2007
Aargauer Kunsthalle, Aarau (Einzelausstellung)
2012
Stiftung Sculpture at Schoenthal, Langenbruck, CH
2014
Buchmann Galerie, Berlin
Galerie Karl Pfefferle, München
2016
Kunsthalle Bielefeld
2017
Akademie der Schönen Künste, München
Galerie van de Loo Projekte, München