Max Liebermann (1847–1935) war einer der bedeutendsten Künstler der Moderne. Anfangs als „Armeleutemaler“ dem Realismus und Naturalismus verschrieben, wird er später zum Vorreiter einer neuen Kunstrichtung, die den Weg in die Moderne ebnet. Er kehrt der offiziellen, kaisertreuen Malerei der Akademie den Rücken und zählt heute neben Max Slevogt und Lovis Corinth zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Impressionismus.
ANFÄNGE UND FRÜHE KARRIERE
Max Liebermann wurde am 20. Juli 1847 als Sohn eines wohlhabenden jüdischen Textilfabrikanten in Berlin geboren. Nachdem er als Schüler Zeichenunterricht bei Carl Steffeck erhalten hatte, studierte er ab 1868 an der Kunstakademie in Weimar. Hier entstand sein erstes größeres Gemälde, „Die Gänserupferinnen“ (1872), das sich heute in der Sammlung der Nationalgalerie in Berlin befindet. Während seiner Studienjahre in Paris ab 1874 widmete er sich verstärkt dem Leben und der Arbeit der einfachen Leute auf dem Land.
Nachhaltigen Einfluss auf die Malerei Liebermanns übte in dieser Zeit auch die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts aus. Ab 1874 verbrachte der Künstler die Sommermonate regelmäßig in Holland. Im Jahr 1878 zog Liebermann nach München, wo er seine Auseinandersetzung mit ländlichen Motiven intensivierte. Werke wie „Kartoffelernte in Barbizon“ (1875) oder „Die Netzflickerinnen“ (1887/89) führten jedoch zu regelrechten Eklats, da weder der schonungslose Malstil noch die gewählten Sujets den konservativen Zeitgenossen als kunstwürdig erschienen.
ZURÜCK IN BERLIN
Im Jahr 1884 kehrte Liebermann zurück in seine Heimatstadt Berlin und heiratete Martha Marckwald (1857–1943). Im Sommer 1885 wurde das einzige Kind, ihre Tochter Käthe (1885–1952), geboren. In den darauffolgenden Jahren wandte sich Liebermann zunehmend gegen den Akademismus des Kaiserreichs. Bereits 1892 war er Mitbegründer der Künstlergruppe „Vereinigung der XI“, die freie Kunstausstellungen außerhalb des etablierten Kunstbetriebs Berlins anstrebte. Im Jahr 1898 wurde Liebermann Mitbegründer und erster Präsident der Berliner Secession. Nach München und Wien hatte sich in Berlin damit die dritte Gründung dieser Art etabliert. Die Berliner Secession wandte sich gezielt gegen das Kunstverständnis der Preußischen Akademie der Künste und des Vereins Berliner Künstler.
In den 1890er Jahren wandelten sich Liebermanns Bildmotive und sein Malstil: Die Palette hellte sich auf, die Farben wurden leuchtender, er gab nun Szenen des gehobenen Bürgertums den Vorzug. So entstanden in den Sommermonaten in dem holländischen Badeort Noordwijk Strand- und Reiterbilder, während der Künstler sich in Berlin zu einem gefragten Porträtmaler entwickelte.
1909 erwarb die Familie eines der letzten noch freien Grundstücke in der sog. „Colonie Alsen“ am Wannsee. Hier ließ sich Liebermann von Paul Otto Baumgarten ein Sommerhaus errichten. Den Garten plante sein Freund Alfred Lichtwark (1852–1914), Direktor der Hamburger Kunsthalle, im Sinne der „Gartenreform“. Zahllose Gemälde aus der Zeit ab 1910 verdeutlichen, wie fruchtbar die vielen sommerlichen Aufenthalte am Wannsee für Liebermanns Kunst wurden.
SPÄTE JAHRE
1920 wurde Liebermann zum Präsidenten der Preußischen Akademie berufen. Trotz dieser hohen Ehre verliefen seine letzten Lebensjahrzehnte jedoch alles andere als ungetrübt. Der Antisemitismus, mit dem er zeitlebens zu kämpfen hatte, spielte nach dem ersten Weltkrieg eine zunehmende Rolle in der deutschen Gesellschaft. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 zementierte diese äußerst bedrohliche Entwicklung. Max Liebermanns Tod im Februar 1935 wurde offiziell mit Stillschweigen übergangen und nur wenige Menschen wohnten der Trauerfeier bei. Als jüdischer Künstler wurde seine Kunst aus deutschen Museen entfernt, die Tochter Käthe musste mit ihrer Familie ins Ausland flüchten. Martha Liebermann jedoch blieb in Berlin zurück und entzog sich durch Freitod 1943 der unmittelbar bevorstehenden Deportation.
Nach dem zweiten Weltkrieg blieb Max Liebermann als Repräsentant einer vergangenen Zeit lange vergessen. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts begann sich ein breiteres Interesse zu regen. Die 1995 gegründete Max-Liebermann-Gesellschaft setzt sich zum Ziel, in seiner Villa am Wannsee an das Wirken und die Welt dieses großen Künstlers zu erinnern. 2006 konnte das Haus als Museum eröffnet werden, seither erfreut es sich als Ort des Andenkens an diese außergewöhnliche Persönlichkeit und als eine Stätte der Versöhnung mit der deutschen Vergangenheit großer Beliebtheit.